Texte von Autoren, die in ihren Schriften auf feinfühlige und genaue Art und Weise die Entstehung und Veränderung von menschlichen Gefühlslagen, Verhaltensweisen und damit verbundenen Schwierigkeiten im Leben darstellen.
"Du bist kein Engel, Angela. Ein psychologischer Roman zur Entstehung und Überwindung von Eifersucht" von Walter Alvarez Keller
Mit ausgesprochen psychologischem Einfühlungsvermögen hat sich W. A. Keller an ein sehr häufiges, aber leider wenig diskutiertes Problem herangewagt: Die Eifersucht. Es wird gekonnt dargestellt, wie Eifersucht als eine Charaktereigenschaft entstehen kann und wie sie sich wie ein roter Faden im Leben immer wieder bemerkbar macht, auch dann, wenn daraus nur Nachteile für die Person entstehen. Dieser Vorgang wird anhand einer Familie im Arbeiterquartier Wollishofen in Zürich dargestellt. Im Mittelpunkt steht Angela, wie sie in ihrer Familie gross wird und wie sich die Eifersucht in ihrem Leben langsam einschleicht und nicht mehr beherrschbar wird. Die Familie wurde von einem armen Tessiner Vater und einer Zürcher Mutter aus dem Kleinbürgertum gegründet. Angela als Dritte von vier wurde zu einem Zeitpunkt geboren, als das Ehepaar eine Krise hatte. So stellte dieses Kind für die Mutter immer eine Erinnerung an diese schwierige Zeit dar und dementsprechend wurde sie besonders hart und unnachgiebig behandelt. Keller zeigt sehr genau auf, wie unbewusste Gefühle entstehen – in diesem Fall die Eifersucht mit all ihren Verästelungen. Dies gelingt ihm anhand verschiedener Stationen im Leben des Mädchens und dann der jungen Frau einzigartig, nachvollziehbar und auf eine Art, dass sich der bewusste Leser sehr gut einfühlen kann. Es wird eine schöne Entwicklung beschrieben, wie sie sich aus diesem sehr zerstörerischen Verhalten herauslösen kann. Sie macht im Laufe der Geschichte diese Wandlung mit Hilfe von zwei Vertrauensbeziehungen durch, indem sie ihre eifersüchtige Reaktionsweise erkennt, verändert und sogar neue und schönere Gefühle für die Menschen entwickelt. Man fühlt automatisch mit und kann nicht anders, als dieses Mädchen gerne zu bekommen, sich in sie hineinzuversetzen und mitzuleiden. Gleichzeitig spricht Keller auch das Thema der autoritären Erziehung mit Schlagen, Bestrafen, Kritisieren an, die Auswirkungen dieser verfehlten Erziehungsmethode auf das Gemüt des Menschen in seinem ganzen Leben: Melancholie beziehungsweise Depression und Lebensüberdruss nach den erlittenen Demütigungen und Schlägen. Der Autor stellt aber auch eine tragende, vermutlich rettende Beziehung zu einem Bekannten der Mutter dar, die die von Eifersucht Geplagte ihr Leben hindurch begleitet und auf ihr Gefühl korrigierend einwirken kann. Keller gelingt es, alle auftauchenden Personen psychologisch genau zu charakterisieren und die Gefühlsabläufe feinsinnig zu beschreiben. Auch die sozialen Hintergründe einer Arbeiterfamilie und die Wirkungen der sozialen Situation auf die Persönlichkeitsbildung schildert der Autor sehr genau. Er zeigt auf, dass Anfang des 20. Jahrhunderts eine normale Arbeiterfamilie mit einem sehr geringen Verdienst leben und sich alles vom Mund absparen musste, vor allem wenn mehrere Kinder zur Familie gehörten - wie im beschriebenen Beispiel. Es kommt zum Ausdruck, wie die sozialen Unterschiede, ein Oben und Unten, im Gefühlsleben als Gift wirken, die ein Verbundenheitsgefühl verhindern.
"Das
allerbeste Apfelmus. Entwicklung von einem
verzärtelt-ängstlichen zu einem selbstsicheren Kind" von
Dorothy Canfield Fisher
"Das
allerbeste Apfelmus" ist eine gefühlvoll und sehr nachvollziehbar
geschriebene Geschichte über die Überwindung der Folgen von Verwöhnung, welche
die Zuversicht vermittelt, das Leben mutig anzupacken. Das
Mädchen Betsy wächst so verzärtelt und überbehütet auf, dass es sich nichts
zutraut, keine Initiative hat, und ängstlich und kränklich wird. Doch mit 10
Jahren kommt Betsy auf den Bauernhof von Verwandten, die das Leben ganz
selbstverständlich und unkompliziert anpacken, Betsy alles zutrauen und sie
wohlwollend anleiten. Betsy lernt, eigene Gedanken und daraus Handlungen zu
entwickeln und der Leser darf den eindrücklichen Werdegang des jungen Mädchens
mitverfolgen, wie es zu einem interessierten, zugewandten, verantwortungsvollen
Mitmenschen wird, auf den sich andere Menschen gut abstützen können.
"Verstehen und Helfen. Schwierigkeiten bei Schülern
überwinden"
von Alfons Simon
In "Verstehen und Helfen" beschreibt der Pädagoge Alfons Simon Beispiele von Schülern mit Lernproblemen und sozialen Schwierigkeiten – vom Rebellen über den Schulversager bis hin zum übertrieben Braven. Alfons Simon zeigt auf, welche seelische Not bei diesen Schülern hinter ihren Schwierigkeiten steckt und führt aus, wie mit Verständnis, Wohlwollen und Anleitung das Vertrauen zu diesen Schülern gewonnen werden kann. Dadurch können die Schüler Auswege aus ihren Gefühlsverstrickungen finden und zu gleichwertigen Mitschülern in der Klassengemeinschaft und zu guten Lernern werden.
"Helga. Ein emotional verwahrlostes Kind
findet den Weg in die Gemeinschaft" von
Alfons Simon
Bei "Helga" handelt es sich um die Geschichte eines ungeliebten Kindes, der Auswirkungen der Härte und Lieblosigkeit seiner Mutter auf sein Gemüt und seines langen Weges zu mehr Vertrauen in die Mitmenschen. Der Pädagoge Alfons Simon beschreibt einfühlsam und differenziert wie Helga – verwahrlost, ungezogen, widerspenstig – als 6-Jährige zu einer bemühten Lehrerin kommt, die auf einem eindrücklichen Weg mit Höhen und Tiefen das Kind verstehen lernt und es zurück in die Gemeinschaft führt. Im zweiten Teil erklärt Simon allgemein, wie in einer Klasse eine Stimmung gelegt werden kann, dass jeder Schüler Platz hat und Gehör findet, wie ein Lehrer den Zusammenhalt und das Verständnis der Kinder füreinander und damit auch für jeden Menschen legen und befördern kann. Ein Gewinn und Muss für Lehrende, alle Erziehenden und jeden, der sich ganz grundsätzlich Menschenkenntnis aneignen möchte.